Anti-Rassismus und postkoloniales Denken
“Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.” Amos 5,24
Rassismus wirkt an allen Orten, Köpfen und Strukturen. Auch in der Kirche.
Warum ist Rassismus auch in einer weißen, homogenen Gruppe relevant? Was ist Rassismus eigentlich und wie ist er entstanden? Wie wirkt Rassismus in kirchlichen Strukturen? Welche rassistischen, diskriminierenden Denkweisen und Handlungen verhindern gerechtes Zusammenleben?
„Ist es falsch, als weißer Mensch geboren zu werden?“
Wie viele von uns kämpfen gegen Ungerechtigkeiten in dieser Welt, sind aber nicht bereit auf den eigenen Luxus zu verzichten. Doch der Kampf gegen Ungerechtigkeiten bedeutet Selbstaufopferung und diese die Abkehr von Macht. Einem Luxus und einer Macht die sich in 500 Jahren Geschichte durch die Kolonisation aufgebaut hat. Denn Machtfantasien diskriminieren andere.
Strukturelle Macht und Diskriminierung muss dekonstruiert werden. Wenn wir im Namen Jesu der Nächstenliebe dienen wollen, bedeutet das sein Privileg und seine Identität aufzugeben.
Unsere Identitäten werden durch unsere Tradition, Kultur, Sprache, Nationalität, Race (soziale Kategorie) bis hin zu unserer Hautfarbe geprägt. Wir mögen uns fragen: Ist es falsch, sich einer bestimmten Gruppe oder Kultur und Tradition zuzuordnen? Nein ! Ganz und gar nicht. Aber das Problem ist, dass wir begonnen haben Mauern zwischen Gruppen hochzuziehen. Eine Politik der Identität beginnt zu wachsen. Mit dem Zurückblicken auf die eigene Geschichte verbinden sich Forderungen, zu den eigenen Wurzeln zurückzukehren. Zu den Wurzeln zurückzukehren bedeutet, sich von anderen zu trennen und Autorität über andere zu beanspruchen.
Oft versuchen wir, uns mit festen und konstruierten Ideologien zu identifizieren, die andere ausschließen. Versuchen eine Position zu übernehmen und legen innerliche Normen fest. Doch Dienerschaft hat nichts mit Macht und Identität zu tun, sondern damit gerechten Frieden und gerechte Liebe zu schaffen. Ein Diener Gottes zu sein bedeutet nicht ein Sklave von jemandem oder einer Struktur zu sein, es bedeutet gegen Ungerechtigkeiten zu kämpfen und Privilegien aufzugeben. Die Forderung nach Identität ist ein Privileg. In unserer Gesellschaft haben bestimmte Gruppen von Menschen keine Identität, sie werden nicht wie Menschen behandelt und von der Mehrheitsgesellschaft nicht akzeptiert. Als Beispiel seien Black Indigenous People of Color (BIPoC) genannt, die zum Mainstream der Gesellschaft gehören.
Bell Hook sagt hierzu: “White supremacist, capitalist patriarchy: interlocking systems of domination define our reality. These function are simultaneously at all times in our lives… White supremacist, capitalist patriarchy refers to an institutional structure, not individual beliefs.” Wir alle sind Opfer dieser Struktur, weiße Männer eingeschlossen. Weiß zu sein ist ein Privileg. Für Peggy Mclntosh ist ein weißes Privileg wie ein “invisible knapsack”. Sie führt fort: „I think whites are carefully taught not to recognize white privilege, as males are taught not to recognize male privilege.”
Bei einem Rassismus-Workshop, fragte ein junger Mann: „Ist es falsch, als weißer Mensch geboren zu werden?“
Es ist nicht falsch, doch die Struktur, in der wir leben, gibt BIPoC das Gefühl, dass ihre Hautfarbe falsch ist. Schauen Sie kritisch auf Ihr Privileg. Sind Sie bereit, ihr Privileg aufzugeben? Das Privileg, das für Sie nicht sichtbar ist, ist für farbige Menschen sehr sichtbar.
Nicht bedient zu werden, sondern zu dienen, bedeutet sich kritisch mit dem eigenen Privileg auseinanderzusetzen. Feste Identitäten zu dekonstruieren, die eine Grenze schaffen und andere unterdrücken. Jeder von uns möchte in diesem Prozess ein Nachfolger Jesu werden und wir müssen auch kritisch darauf achten, wer spricht. Wer nimmt die Position ein? Dienen bedeutet gegen ungerechte Machtkonstellationen zu kämpfen und die Ressourcen mit unterdrückten Menschen zu teilen.
Viele von uns wollen dienen, aber wir sind nicht bereit den strukturellen Rassismus zu verändern. Strukturellen Rassismus zu ändern bedeutet ein Diener zu werden. In diesem Prozess können wir unsere Macht verlieren und die konstruierte Definition von Kultur und Tradition usw. wird dekonstruiert. Unser Privileg aufzugeben ist ein verletzender Prozess, aber wenn wir den Schmerz den unterprivilegierten Menschen fühlen und ein Nachfolger Christi sein wollen, müssen wir dieses Kreuz auf uns nehmen.
Es ist wie eine Erfahrung der Auferstehung des Todes. Wenn wir nicht unser eigenes Privileg aufgeben, können wir die Auferstehung nicht sehen und können keine Nachfolger Christi werden.
Katharina Bloemberg
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